Das Zusammenspiel von Hirnstamm und limbischem System bei traumatischen Erfahrungen
aus Sicht von Somatic Release. Interview mit Uschi Föhrweiser-Wesolek während eines Seminars
zum Thema Somatic Release und Trauma.
Teilnehmer: Was passiert, wenn unser inneres System eine Gefahr wahrnimmt?
Uschi: Es aktiviert sofort Mechanismen, um uns in Sicherheit zu bringen. Wenn dieses Muster sich wiederholt oder verfestigt, kann es unser Leben erheblich beeinträchtigen. Habt ihr Beispiele aus eurer persönlichen Erfahrung, wo ihr so reagiert habt?
Teilnehmer: Ich erlebe oft einen inneren Ausnahmezustand, ein Gefühl von Lähmung, Panik.
Uschi: Panik ist ein gutes Stichwort. Was passiert im limbischen System, wenn Panik auftritt?
Teilnehmer: Es werden Emotionen ausgelöst, vor allem Angst.
Uschi: Genau, Angst ist dominant. Aber es gibt einen Unterschied zwischen kontrollierter Wut und der reaktiven Angst des limbischen Systems.
Teilnehmer: Ich dachte, das limbische System reagiert wie der Hirnstamm, wenn man wie eine gefangene Maus in einen Fließzustand verfällt.
Uschi: Nein, im Hirnstamm geht es um das Herunterfahren aller Systeme, um Energie zu sparen. Das ist anders.
Teilnehmer: Wie äußert sich dieser Fließzustand? Ist das Depression?
Uschi: Ja, das kann eine Form von Depression sein. Stellen wir uns ein extremes Beispiel vor: Ein junges Mädchen wird vergewaltigt und dissoziiert, um zu überleben. Diese Energie wird im Körper gespeichert und durch Trigger im späteren Leben reaktiviert. Ist das im Hirnstamm oder im limbischen System gespeichert? Das hängt davon ab, wie das Trauma verarbeitet wurde. Wenn die Angst nicht verarbeitet wurde, bleibt sie im limbischen System und führt zu Kampf- oder Fluchtreaktionen. Wenn eine erwachsene Frau ohne äußeren Grund Angststörungen und Panikattacken entwickelt, deutet das auf ein altes, unverarbeitetes Trauma hin.
Teilnehmer: Wie unterscheiden wir, ob die Reaktion vom Hirnstamm oder vom limbischen System kommt?
Uschi: Das limbische System löst Flucht- oder Kampfverhalten aus, begleitet von vegetativen Reaktionen wie erhöhtem Herzschlag, Schwitzen, Durchfall und Tunnelblick. Der Hirnstamm hingegen führt zu einem Herunterfahren aller Systeme, zu Kälte und Erstarrung.
Teilnehmer: Ein Beispiel wäre, wenn jemand vor einem Publikum steht und kein Wort mehr herausbringt. Oder das Mädchen, das sich nach dem Trauma nicht mehr bewegt.
Uschi: Genau. Wenn dieser Zustand sich wiederholt, verfestigt er sich im Hirnstamm. Limbische Reaktionen sind eher Zittern, Schwitzen und der Drang, wegzulaufen, ausgelöst durch bestimmte Trigger.
Teilnehmer: Es kann also beides gleichzeitig sein?
Uschi: Ja, beide Systeme können gleichzeitig getriggert werden. Es ist wichtig, die Richtung der Reaktion zu beobachten. Wenn das limbische System nach vorne zieht, blockiert es den präfrontalen Cortex. Wenn es nach hinten zieht, ist es mit körperlichen Spannungen verbunden. Das limbische System ist komplexer als nur Flucht- oder Kampfverhalten. Es beinhaltet auch Lernen und Gedächtnis. Die Amygdala speichert Erlebnisse und aktiviert sie durch sensorische Trigger. Freude und Liebe sind in anderen Gehirnbereichen verortet.
Teilnehmer: Wie erkennen wir, ob jemand in einem Dauer-Freeze ist?
Uschi: Wir sammeln Informationen, beobachten den Körper und berücksichtigen Medikamente und Diagnosen. Es gibt verschiedene Arten von Depressionen, die durch unterschiedliche Systeme ausgelöst werden können. Unser Gehirn hat Rhythmen und Bewegungen. Wenn das limbische System nach vorne zieht, blockiert es den präfrontalen Cortex. Wenn es nach hinten zieht, ist es mit körperlichen Spannungen verbunden. Unser Ziel ist es, diese Bewegungen wieder in Schwingung zu bringen, damit sich die Muster lösen können.
Teilnehmer: Was passiert, wenn man Gefühle verdrängt?
Uschi: Sie werden im präfrontalen Cortex festgehalten oder im Körper verdrängt. Wenn das limbische System sich entspannt, können diese Emotionen wieder auftauchen. Wir werden jetzt eine gemeinsame Übung machen, um diese Muster aufzuspüren.