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Trauma, Körperwissen und Somatic Release

Erinnerung, Körper und Somatic Release

In diesem Artikel geht es darum wie ein Trauma, dass als fraktionierte Erinnerung in unserem Körper-Geist-Seele-System vorliegt mit Methoden, wie Somatic Release wieder zusammengeführt, ins Bewusstsein gebracht und damit gelöst werden kann.

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Hierzu betrachten wir zuerst einmal die Arten des Gedächtnisses. Hier vereinfacht dargestellt.

  • Explizites Gedächtnis: Dies bezieht sich auf bewusste Erinnerungen an Erlebnisse, welche episodisch abgerufen werden können (Schacter & Tulving, 1994). Beispielsweise erinnert man sich an den ersten Schultag, jedoch erst ab dem dritten Lebensjahr, wie Entwicklungspsychologen festgestellt haben (Bauer, 2008).
  • Implizites Gedächtnis: Hier werden automatisierte Erfahrungen und Reaktionen gespeichert, zu denen emotionale Reaktionen, Verhaltensroutinen, Instinkte und sogar körperliche Haltungen gehören (Squire, 1987). Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Radfahren, welches man, einmal erlernt, nicht wieder vergisst.

Innerhalb des impliziten Gedächtnisses werden auch körperliche Erinnerungen gespeichert, die bereits vor der Sprachentwicklung entstehen (Nelson, 1995). Dies impliziert, dass der Körper ständig Informationen speichert, auch wenn diese nicht bewusst zugänglich sind.

Reize können diese Erinnerungen aktivieren. Nehmen wir als Beispiel posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS), bei denen Traumata aus der Vergangenheit durch aktuelle Erlebnisse hervorgerufen werden können (Foa & Kozak, 1986). In ähnlicher Weise können chirurgische Eingriffe unter Anästhesie zu sogenannten “anästhetischen Erinnerungen” führen (Ranta et al., 1996).

Somatoforme Schmerzstörungen zeigen, wie tiefgreifend solche körperlichen Erinnerungen sein können. Hier entstehen Schmerzen ohne klare physische Ursache, jedoch als Resultat früherer somatischer Erfahrungen. Ein praktisches Beispiel hierfür sind Patienten, die nach Verkehrsunfällen chronische Schmerzen verspüren, obwohl medizinisch keine Ursache gefunden wird.

  • Wenn Traumata nicht verarbeitet werden, kann dies zu einer Dissoziation vom eigenen Körper führen (van der Kolk, 2014). Dies manifestiert sich oft in physischen Symptomen wie flacher Atmung. Ein realweltliches Beispiel wären Opfer von Missbrauch, die sich häufig von ihrem Körper “getrennt” fühlen.

Als Abwehrmechanismen entwickeln Betroffene oft Kompensationsstrategien, wie beispielsweise exzessiver Medienkonsum oder Substanzmissbrauch, um sich von ihren körperlichen Empfindungen abzulenken.

Dennoch beinhaltet der Körper eine inhärente Fähigkeit zur Selbstregulation und Heilung (Porges, 2011 – Siehe dazu auch die Polyvagal Theorie weiter unten). Techniken wie das “Somatic Release” dienen dazu, die Verbindung der Fragmente mit dem eigenen Körper wiederherzustellen und diese inhärente Weisheit zu nutzen, um die Verarbeitung zu starten. Somatic Release ist in gewisser Weise eine Art von Zusammenführen von Informationen, bei der wir auf der Körperebene starten.

Es ist essentiell zu betonen, dass die wiederhergestellte Beziehung zum eigenen Körper nicht nur zur Bewältigung von Traumata oder zur Linderung von physischen Symptomen beiträgt, sondern auch zur allgemeinen Steigerung der Lebensqualität. Zahlreiche Studien haben die Vorteile von Körperbewusstsein und -wahrnehmung im Kontext der psychischen Gesundheit, emotionalen Regulation und physischen Vitalität aufgezeigt (Mehling et al., 2012).

Der Einfluss des Körperbewusstseins: Körperbewusstsein, oft als interozeptive Wahrnehmung bezeichnet, bezieht sich auf die Fähigkeit, interne Signale, wie den Herzschlag oder den Atemrhythmus, wahrzunehmen (Craig, 2002). Menschen mit höherem interozeptivem Bewusstsein tendieren dazu, emotional stabiler zu sein, da sie ihre physischen Reaktionen auf emotionale Stimuli besser erkennen und darauf reagieren können (Füstös et al., 2013).

Ein praxisnahes Beispiel hierfür ist die Anwendung von Achtsamkeitsmeditation. Indem sich die Praktizierenden auf ihre Atmung und körperlichen Empfindungen konzentrieren, können sie ihre emotionale Reaktion auf Stressoren reduzieren und ihr allgemeines Wohlbefinden verbessern (Kabat-Zinn, 2003).

Reintegration durch somatische Therapie: Methoden wie das “Somatic Release” sind Teil eines größeren Spektrums somatischer Therapien, die darauf abzielen, die Verbindung zwischen Geist und Körper zu stärken. Durch körperorientierte Techniken können Patienten traumatische Erinnerungen neu verarbeiten und integrieren.

Ein konkretes Beispiel für die Wirksamkeit solcher Therapien ist die Behandlung von Kriegsveteranen. Viele von ihnen, die an PTBS leiden, haben von körperorientierten Therapien profitiert, da sie die physischen und emotionalen Aspekte ihres Traumas besser verstehen und integrieren konnten (Price et al., 2017).

Die Verbindung von Geist und Körper ist komplex, jedoch essenziell für unser Wohlbefinden. In einer Zeit, in der Technologie und Schnelllebigkeit oft zur Entfremdung von unserem physischen Selbst führen, ist es wichtiger denn je, Wege zu finden, um uns wieder mit unserem innersten Wesen zu verbinden. Das Verständnis und die Integration unseres Körperbewusstseins in die Ansätze des Somatic Release bieten einen vielversprechenden Weg zur Heilung und Selbstentdeckung.